„So alt wie der Protestantismus ist auch das evangelische Pfarrhaus. Ein offenes Haus, ein Ort der Gastfreundschaft, in dem die Pfarrfrau das Beste aus den meist knappen Mitteln zu machen versuchte.“
Heinrich Bedford-Strohm, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, beschreibt im Vorwort des gerade erschienenen Buchs „Evangelische Pfarrhäuser in Bayern“, warum es heute so viele schöne und außergewöhnliche Gebäude direkt neben den protestantischen Kirchen, und somit meist im Herzen eines Ortes, gibt. Und das nicht nur in Bayern.
Pünktlich zum Reformationsjahr 2017 legt die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern einen Band zur Geschichte und Gegenwart ihrer zahlreichen Pfarrhäuser vor, um sich ihres „immensen Schatzes an Gebäuden für die Ausübung des evangelischen Pfarrberufes und seines Potentials für die zukünftige kirchliche Arbeit zu vergewissern“, so die Herausgeber.
poolima-Fotograf Gerhard Hagen durfte für dieses Buch über ein Jahr lang durch seine Heimat reisen und die ausgewählten Gebäude freistehend und eingebettet in die Landschaft angemessen fotografieren. „Ein sehr reizvoller Auftrag“, so Hagen, „hatte ich doch so abwechselnd die Möglichkeit Fotos von aktueller Architektur und vorbildlicher Denkmalpflege, den beiden Schwerpunkten meiner Arbeit, zu produzieren. Es war mir gar nicht bewusst, wie unterschiedlich Pfarrhäuser aussehen und wieviele davon es alleine in Bayern gibt.“
Bedford-Strohm schreibt weiter über das Pfarrhaus:
„Ein Ort, an dem gebetet, musiziert und diskutiert wurde, ein Familienunternehmen – vor und unter den Augen der Öffentlichkeit. Dieses Pfarrhaus war und ist ein Spiegel der Zeit. Längst haben Pfarrerinnen Einzug gehalten, haben sich die unterschiedlichsten Lebensformen etabliert.
Wenn wir nun im Jahr 2017 das 500-jährige Jubiläum der Reformation begehen, dient dies in gleicher Weise der Rückbesinnung wie der Standortbestimmung. Beides unter der Fragestellung: Wohin in der Zukunft? Dies gilt natürlich auch für das Pfarrhaus, für viele das Symbol des Protestantismus schlechthin.
Wer vom Pfarrhaus spricht, meint zweierlei: Das Gebäude als Stein gewordenen Zeugen und die Menschen, die es mit Leben füllen. Daraus ergibt sich eine Spannung, die theologisch gewollt ist und die es produktiv zu nutzen gilt. Denn wer im Pfarrhaus lebt, tut dies immer nur auf Zeit. Das ist eine geistliche Aufgabe, manchmal sogar eine Herausforderung, die dem Bedürfnis, ganz und gar sesshaft zu sein, Wurzeln an einem Ort zu schlagen, entgegensteht. Darin lebt der Gedanke des Hebräerbriefs: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir“ (Hebr. 13,14).
Das heißt nun nicht, sich nicht einzurichten, es heißt womöglich, das sprichwörtliche Apfelbäumchen zu pflanzen. Genau das haben Generationen von Pfarrern, spät auch von Pfarrerinnen mit ihren Familien getan: Damit ist gerade das Pfarrhaus zu einem Symbol der Kontinuität geworden. Im Pfarrhaus verbinden sich Geschichte, Gegenwart und Zukunft. Sein Erhalt, bei allen Veränderungen, die es erfahren hat, ist Stein gewordener Respekt vor denen, die vor uns waren.(…)Und so steht das Pfarrhaus für das Bleibende und die Bereitschaft, sich wieder aufzumachen, das Neue und ganz andere zu suchen, im tatsächlichen und im übertragenen Sinn.“
Das Buch ist im Buchhandel für € 36 erhältlich.
Parallel zum diesem Buch erscheint zur Jahresausstellung 2017 „’Nicht Dorfhaus und nicht Villa …‘ Evangelische Pfarrhäuser in Franken“ im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim/ Museum Kirche in Franken ein Begleitband mit Beiträgen, welche die bau- und kulturhistorischen Aspekte des evangelischen Pfarrhauses in Franken beleuchten. Beide Bände sind Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen dem Gemeindereferat des Landeskirchenamtes der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, dem Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim mit seinem Museum Kirche in Franken und dem Lehrstuhl für Praktische Theologie der Augustana-Hochschule Neuendettelsau.